Mit der klassischen 30:70-Gewichtung von Aktien und Anleihen scheint der Spiekermann Stiftungsfonds & Co (ISIN: DE000A1C1QH0) ein bisschen aus der Nullzins-Zeit gefallen. Dank der Nutzung mehrerer Renditequellen stimmt das aber keineswegs: Das Sondervermögen ergreift ausgesprochen flexibel Chancen und besitzt eine ansehnliche Ausschüttungsreserve. Die Spiekermann & Co. AG hat ihren Sitz in Osnabrück, der Stadt des westfälischen Friedens. Dort, am Rande der norddeutschen Tiefebene an der Kreuzung ehedem wichtiger Hanse-Verbindungen handelt man noch mehr als andernorts bodenständig in der Tradition des ehrbaren Kaufmanns. Der Stiftungsfonds von Spiekermann strahlt genau diese nordische Gelassenheit und Bodenständigkeit aus. Das Grundgerüst ist klassisch defensiv, funktioniert aber langfristig gut, wie die stabile Performance bei deutlich unterdurchschnittlicher Volatilität zeigt.


Aktienquote aktuell nicht voll ausgeschöpft


Prinzipiell hält Spiekermann Aktien und Gold für die aussichtsreichsten Investments derzeit. An der Grenze von 30 Prozent Aktienanteil wird dennoch nicht gerüttelt. Mehr noch: In den vergangenen Wochen lag der Anteil eher bei 20 Prozent denn am möglichen oberen Ende der Range: „Der Stiftungsfonds zielt auf konservativere Anleger mit geringerer Schwankungstoleranz ab. Aktien lassen langfristig eine höhere Rendite bei höherem Risiko erwarten, jedoch richten wir den Fonds an den Bedürfnissen unserer Kunde und nicht rein nach langfristigen Renditeerwartungen aus“, erklärt dazu Fondsmanager Mirko Kohlbrecher. Man wolle mit dem Stiftungsfonds weniger aktienerfahrene Kunden in deren „ersten Schritt“ eines Engagements am Kapitalmarkt begleiten. In der Zusammenarbeit mit risikoaversen Anlegern „haben wir die Erfahrung gemacht, dass unser konservativer Stiftungsfonds mit einer 70-prozentigen Rentenquote diesen Zielen Rechnung trägt, weshalb wir nicht planen, die Renten-Mindestquote von 70 Prozent zu reduzieren.“ In der Tat liege die Aktienquote mit derzeit 21 Prozent unter dem Maximum, hierbei müsse jedoch die Goldallokation von gut sechs Prozent und ein gewünschter „Liquiditätssockelbetrag“ berücksichtigt werden. „Ergänzend sehen wir in Liquidität einen Optionswert, um von Rücksetzern am Markt partizipieren zu können.“ Das Aktienportfolio selber setzt auf solide Werte: Siemens, PayPal, Cisco, Anthem und Qualcomm bilden derzeit die Top Five.


Aktienquote wird über ETFs gesteuert


Die Aktienquote wird je nach gegebener Einschätzung aktiv über ETFs gesteuert. „Wir haben die simple und effiziente ETF-Umsetzung gegenüber Futures und Optionen abgewogen und haben uns aktiv für die direkte, physische und transparenteste Variante insbesondere zur Steuerung in Stressphasen entschieden“ berichtet der Spiekermann-Prokurist. Die Fixed Income-Strategie sieht die Bevorzugung von Unternehmensanleihen gegenüber Staatsanleihen vor. Unter den Top-Anleihen im Portfolio befinden sich zum Beispiel Papiere von Apple und Netflix, aber auch kleinere Werte wie Katjes, Air Baltic als Fluglinie oder Cargotec. Wegen der erhöhten Gefahr von Ausfallrisiken, auch wegen der Pandemie, könnte man das unter Risikogesichtspunkten als überraschend einschätzen. Kohlbrecher sieht das nicht so: „Wir prüfen Bilanzrisiken und „controllen“ die eingesetzten Titel eng und ergänzen unseren Prozess durch externe Analyse, weshalb wir erfreulicherweise, seit Fondsauflage, bisher keinen einzigen Ausfall hatten. Durch Corona ist auch das Ausfallrisiken in bestimmten Fällen gestiegen, weshalb die genaue Prüfung weiter an Relevanz gewonnen hat. Bei Air Baltic liegt eine nennenswerte Staatsbeteiligung vor, sodass wir das Risiko im Gesamtkontext für vertretbar halten.“


Wie aktiv der Fonds bewirtschaftet wird, zeigt sich an der Aktivität des Managements an der EUREX, wo Stillhaltergeschäfte abgeschlossen werden. „Ja, wir nutzen Optionen über die EUREX aktiv als 'bezahltes Limit' auf Einzeltitelebene, über die Jahre ergab sich dadurch ein Performancebeitrag von ca. 0,2 Prozent p.a.“ berichtet der Fondsmanager. Die Prämien aus den Stillhaltergeschäften sind ausschüttungsfähig und erhöhen somit den Anteil der Erträge, die an die Anteilsinhaber ausgeschüttet werden können.


Dachfonds embedded


In Teilen verfolgt Spiekermann im Fonds auch ein Dachfondskonzept, weil man selbstkritisch hinterfragt, in welchen Bereichen oder Assetklassen die Stärken und Schwächen als Portfoliomanager liegen. „Wir wollen unseren Kunden die Vielfältigkeit des Rentenmarktes nicht vorenthalten, weshalb wir für uns weniger bekannte Nischenmärkte spezialisierte Fonds einsetzen“ sagt Kohlbrecher. Man versucht also, jene Anlagesegmente, die man als attraktiv erachtet, mit externen Fonds abzudecken, „in denen wir wesentlichen Mehrwert durch externe Expertise erwarten.“ Nach Identifizierung eines Segmentes wählt Spiekermann die Fonds anhand quantitativer (Tracking Error, Information Ratio, Fondsgröße, Performance, Max.Drawdown, Track Record, Korrelation zu bestehenden Engagements, Durationssteuerung und weitere) und qualitativen Betrachtungen (Investitionsprozess, Teamansatz vs. Einzelmanager, Analystenanzahl pro Titel, Management Erfahrung und historische Wechsel, Umgang in Stressphasen wie Corona, ESG-Prozess, Schwerpunkt des Anbieters wie zum Beispiel Expertise für asiatische Anleihen und weitere) aus. Derzeit sind eine ganze Reihe von Spezialthemen im Fonds abgedeckt. Größte Position ist ein ETF, der als taktische Liquidität vorgehalten wird. Weitere Fonds decken den Bereich chinesische Anleihen, Wandelanleihen und auch Nachranganleihen ab. Zum Teil wird der Aktienanteil im Spiekermann Stiftungsfonds auch über Aktienfonds dargestellt.


Kosten dabei stets im Blick


Dachfonds-Konzept – da stellt sich stets die Frage nach den Kosten, denn die Expertise der verpflichteten Fondsmanager gibt es natürlich nicht für umsonst. „Die Kosten spielen eine Rolle. Deshalb stellen wir uns stets die Frage, ob der externe Fonds eine sinnvolle Ergänzung ist und welche Anteilsklassen die kosteneffizienteste für den Fonds ist“ sagt Kohlbrecher. Die Fokussierung nur auf Kosten sei aber zu kurz gegriffen: „Wenn die eingesetzten Fonds das Portfolio nachhaltig in Bezug auf Korrelation, Risiko oder Rendite sinnvoll und wesentlich ergänzen, liegt dies nicht zuletzt im Kundeninteresse.“ Neben der aktiven Bewirtschaftung, Stillhaltergeschäften und der Umsetzung eines Dachfondskonzept setzt Spiekermann auch auf Goldinvestments. „Wir investieren im Stiftungsfonds ausschließlich in Gold. Gold war in der Vergangenheit der solideste Anker unter den Edelmetallen. Der Stabilitätsaspekt steht für unsere Allokation im Vordergrund, sofern Gold dazu noch einen positiven Renditebeitrag leistet, freut uns dies natürlich“, erläutert der Fondsmanager. Die Gold-Quote lag in den letzten Jahren zwischen fünf und sechs Prozent, derzeit sind 5,62 Prozent über Zertifikate in Edelmetall allokiert.


Ausschüttungsreserve sichert Kontinuität


Der Spiekermann Stiftungsfonds hat bislang in jedem Jahr ausgeschüttet, allerdings ist die Tendenz der Höhe wenig überraschend sinkend. „Die Niedrigzinsphase wirkte sich unweigerlich auch auf die Ausschüttungstendenz aus – vorausblickend zielen wir darauf ab, die Ausschüttung anhand der langjährigen durchschnittlichen Performance auszurichten, woraus sich ein zu erwartender Korridor von zwei bis drei Prozent ergibt“, umreißt Kohlbrecher die Strategie. Stiftungen seien für die Ewigkeit, weshalb man hohen Wert auf die Reserven für zukünftige Ausschüttungen sowie die Substanz legen und diese weitestgehend unberührt belassen würde. „Als konservativer Treuhänder konnten wir eine nennenswerte ausschüttungsfähige Reserve von rund zwölf Euro pro Anteil, ausreichend für mehre jährliche Ausschüttungen, über die vergangenen Jahre aufbauen.“


Nachhaltigkeit steht nicht im Fokus


Wenn es um Stiftungsfonds geht, liegen die Sustainable Development Goals der UN, umfängliche ESG-Kriterien, die Beachtung der UNPRI und viele weitere Entwicklungen dieses Bereichs nahe. Spiekermann bespielt dieses Thema, setzt sich aber nicht eben an die Spitze der Bewegung. „Wir haben ESG-Kriterien in den letzten Jahren und Monaten weiter in unseren Investmentprozess integriert. Wir prüfen hierbei jeden Titel qualitativ und quantitativ und setzen gewisse Mindestanforderungen“, betont Kohlbrecher. Hierbei werde Spiekermann von einer externen Researchquelle unterstützt. „Dabei kam es in der Vergangenheit mehrfach vor, dass wir Titel aufgrund kontroverser Geschäftspraktiken nicht aufgenommen oder bei einer Veränderung oder neuen Nachrichten bei Bestandstiteln verkauft haben.“ Ein Nachhaltigkeitssiegel, wie es viele Stiftungsfonds etwa vom Forum Nachhaltige Geldanlage erhalten, strebt der Spiekermann Stiftungsfonds „auch aufgrund des Einsatzes von externen spezialisierten Fonds“ derzeit nicht an.


Fazit


Der Spiekermann Stiftungsfonds ist ein klassisches Angebot für Stiftungen, die noch nicht besonders erfahren bei der Anlage liquider Mittel an den Börsen dieses Planeten sind – oder die im Rahmen ihrer Portfoliokonstruktion einen defensiven Baustein wünschen.


 


Zum Autor: Dieser Text wurde von Stefan Preuß im Auftrag von www.stiftungsmarktplatz.eu erstellt. Er ist freier Autor, spezialisiert unter anderem auf das Segment Stiftungsfonds und stiftungsgeeignete Fonds. Er fungiert zudem als Redaktioneller Leiter für die FondsFibel für Stiftungen & NPOs (www.fondsfibel.de).